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Gravur-Berufsbild
Glasveredler/Glasveredlerin* (Glasschleifer und
Glasätzer/Glasschleiferin und Glasätzerin)
Trotz der noch unterschiedlichen Ausbildungsberufsbezeichnungen von
"Glasveredler" für den Geltungsbereich der Industrie und "Glasschleifer und
Glasätzer" für den Geltungsbereich des Handwerks sind alle Ausbildungs- und
Prüfungsinhalte gleich. Deshalb wird die Umbenennung der Berufsbezeichnung
auch für den Geltungsbereich des Handwerks in 'Glasveredler" mit einer
Änderungsverordnung angestrebt. Im Vorgriff auf diese Änderung wird im folgenden
Text anstelle der Doppelbezeichnung die Berufsbezeichnung einheitlich mit
Glasveredler/in in der männlichen oder in der weiblichen Form verwendet.
Unabhängig hiervon steht der Beruf Männern wie Frauen offen.
1 Aufgaben und Tätigkeiten
1.1 Aufgaben
Die Aufgabe des Glasveredlers besteht hauptsächlich darin, durch unterschiedliche
manuelle Glasbearbeitungstechniken wie Gravur, Schliff, Sandstrahlen, Ätzung,
Politur, Beschichtung die Oberflächen von Hohl- und Flachglasartikeln zu
dekorieren und damit in kunsthandwerklich-ästhetischem Sinn wertsteigernd zu
veredeln. Nebenbei führt er auch Vollendungsarbeiten durch Schneiden, Sprengen,
Bohren, Schleifen sowie Montage von Glasartikeln durch. Entsprechend der
jeweiligen Bedeutung der einzelnen Veredlungstechniken werden die Aufgaben des
Glasveredlers in einer der 3 Fachrichtungen Schliff, Gravur oder Flächenveredlung
unterschieden.
Zum Aufgabengebiet des Glasveredlers, Fachrichtung Schliff, gehört das Veredeln
der Glasoberflächen durch Muster-, Hoch und Tiefschliffe. Diese Tätigkeiten wurden
vor der Neuordnung vom "Hohlglasfeinschleifer (Industrie)" sowie von speziell
qualifizierten "Glasschleifern und Glasätzern (Handwerk) ausgeführt.
Zum Aufgabengebiet des Glasveredlers, Fachrichtung Gravur, gehört insbesondere
das Veredeln von Glasoberflächen durch Gravieren mit floralen, figuralen,
ornamentalen Dekoren, Reliefdekoren, Wappen und Schriften. Diese Tätigkeiten
wurden vor der Neuordnung vorwiegend vom Glasgraveur (Industrie) sowie von
speziell qualifizierten Glasschleifern und Glasätzern (Handwerk) ausgeführt.
Zum Aufgabengebiet in der Fachrichtung Flächenveredlung gehört insbesondere
das Veredeln von Glasoberflächen durch Strahl- und Säuremattieren in Tönen,
Tiefen und Strukturen sowie Aufbringen von (Silber-)beschichtungen, Siebdruck,
Umdruck und Abziehbildern. Diese Tätigkeiten wurden vor der Neuordnung
vorwiegend von speziell qualifizierten Glasschleifern und Glasätzern (Handwerk)
ausgeführt.
1.2 Tätigkeiten
1.2.1 Tätigkeitsmerkmale
Nach der Formgebung von Hohl- und Flachglasartikeln durch Glasmacher oder
Industrieglasfertiger kann für einige Artikel eine weitere Wertsteigung durch die
Glasveredlung erfolgen. Darunter versteht man eine zusätzliche Dekoration, die die
vorgegebenen Formen und Funktionen weiter zur Geltung bringt. Man
unterscheidet folgende Arten von Veredlungstechniken:
Die mechanisch abfragenden Veredlungstechniken
Glasschliff
Glasgravur
Sandstrahltechnik.
Als weitere chemisch abfragende Glasveredlung existiert die
Glasätzerei.
Als chemisch auftragende Glasveredlung zählt die
Glasmalerei.
Zwar gehört auch die Glasmalerei zu den Glasveredlungstechniken im weiteren.
Diese wird jedoch hier nicht weiter behandelt, weil sie Teil des Handwerksberufes
Glas- und Porzellanmaler bzw. des Industrieberufes Glas- und Kerammaler ist.
Auch die heutigen Tätigkeiten des Glasveredlers sind im Rahmen der jeweiligen
Spezialisierung stark traditionell geprägt.
Bei der folgenden Beschreibung der einzelnen Glasveredlungstechniken wird an
den früher eigenständigen Berufen angeknüpft. Sie gelten prinzipiell bei den
jeweiligen Spezialisierungen des neugeordneten Glasveredlers weiter.
Die Glasgravur, früher als Glasschnitt bezeichnet, ist mit dem Glasschliff als
verfeinerte Technik nah verwandt. Während der Aufbau der Schliffmuster meist
geometrischer Natur ist, liegt bei der Glasgravur, besonders der Kupfergravur, das
Hauptgewicht bei der freien Gestaltungsweise und mehr bildhaften Art.
Der Glasschnitt/die Glasgravur ist eine der ältesten und schwierigsten
Glasveredlungstechniken, die eine langjährige Schulung und eine umfangreiche
Ausbildung verlangen. Die Gravur erfordert selbständiges, bildnerisches Schaffen,
wobei man grundsätzlich von den technischen Möglichkeiten ausgehen muß, die
Gravierrädchen auf dem Glas bei der Gestaltung erlauben. Der Glasschneider
(Glasgraveur) arbeitet mit verschiedenen kleinen und feinen Rädchen aus Kupfer,
die auf einer waagerecht rotierenden Spindel aufgemietet sind. Die
Umfangsgeschwindigkeit des Kupferrädchens hängt von der Art der Arbeit und im
wesentlichen von dem Durchmesser des Scheibchens ab und wird durch Wechsel
auf unterschiedliche große Riemenscheiben reguliert.
Die Kupferrädchen allein schneiden freilich das Glas nicht. Der eigentliche
Schleifprozeß wird dadurch ermöglicht, daß man aus einem Napf ein Gemisch aus
Schmirgel, Öl und Petroleum je nach Bedarf mit dem Finger an das rotierende
Scheibchen aufstreicht. Diese Art der Schneidetechnik nennt man Kupfergravur.
Daneben arbeitet der Graveur auch mit Rädchen aus Korund und Kunststein, auf
die während der Arbeit Wasser fließt (Steingravur).
Im Laufe der Entwicklung zeigten sich die ersten spezialisierten "Steingraveure', die
ihre Dekore nur mehr in der Technik der Steingravur ausführten. Auch heute pflegen
die Graveure diese beiden Arbeitstechniken, weshalb in Aus- und Weiterbildung
unbedingt beide Arbeitstechniken gelernt werden müssen.
Weil der Graveur beim Arbeiten keine unmittelbare Kontrolle hat, denn in dem
Augenblick des Andrückens des Glasartikels an das Rädchen verdeckt die
dunkelgraue Schmirgelmasse das Ziel des Schneidens, muß er ein
außerordentliches Empfinden für den sich einspielenden, erforderlichen Druck in
seinen Händen besitzen. Deshalb spricht man auch von virtuosem Setzen und
meint das sichere An- und Fortsetzen beim Schneiden in diesem alles verhüllenden
Schmirgelbrei.
Die mattgeschnittenen Stellen können durch Verwendung von Rädchen bzw.
Scheiben aus Holz, Kork, Filz-, Leder oder Blei wieder blank und hell poliert
werden, wodurch sich mannigfaltige Effekte erzielen lassen (Handpolitur). Man
kennt sie als Hell-Dunkel-Schattierungen. Polierte Flächen wirken dunkler als die
mattweißen Schnittflächen.
Beim Glasgravieren handelt es sich um eine leichte bis mittelschwere Arbeit, die
ausschließlich sitzend ausgeübt wird. Der Glasgraveur arbeitet meistens
selbständig. Die Arbeit kann freigestaltet oder reproduktiv sein.
Das Glaskugeln- oder (Hohlglas-)feinschleifen unterscheidet sich vom
Glasgravieren bzw. Glasschneiden dadurch, daß es mit größeren Schleifscheiben
und Formprofilen durchgeführt wird.
Der Hohlglasfeinschleifer (Glaskugler) arbeitet mit an einer Spindel befestigten
vertikalrotierenden Scheibe aus Korund, Schmirgel, Kunst- oder Naturstein. Das
Glas wird beim Einschleifen gegen eine sich senkrecht drehende Schleifscheibe
gedrückt. Je nach Profilierung des Schleifrades lassen sich unterschiedliche Muster
in Hohl-, Kugel-, Walzen-, Keil- und Ornamentschliff auf der Oberfläche anbringen.
Beim Arbeitsprozeß läuft zur Kühlung und Reinigung des Schleifgutes Wasser auf
die Scheibe. Zur Vorbereitung des Glasschliffes werden zunächst die Muster auf
der Glasoberfläche angezeichnet. In großen Betrieben wird diese Tätigkeit oft von
angelernten Kräften ausgeführt.
Der Schleifvorgang selbst gliedert sich in drei Arbeitsstufen:
Das Rauhschleifen (Vorreißen) als der schnell glasabtragende Vorgang mittels
rauhen, grobkörnigen Schleifscheiben (Siliziumcarbidscheiben)
Das Feinschleifen (Feinschliff) mittels feiner Korundsteine zum Glätten des Glases
bzw. Musters, wobei aber das Glas noch seidig-matt bleibt.
Das Polieren des Glases bzw. Musters mittels Borstenräder, Pappelholzscheiben,
Preßkorkscheiben, Filzrädern, die mit Poliermitteln wie Bimsmehl, Polierschlamm
oder Polierrot, mit Wasser gemischt, bestrichen werden.
Nun erst erhält das Glas bzw. Muster seinen ursprünglichen Glasglanz wieder.
An der senkrecht laufenden Schleifscheibe können Vertiefungen verschiedener Art
in das Glas geschliffen werden. So unterscheidet man den Olivschliff, Kugelschliff,
Rillenschliff, Eckenschliff und Walzenschliff sowie den Linienschnitt, Keilschnitt und
Scharfschnitt.
Die Vorrichtung, die der Hohlglasfeinschleifer benutzt, nennt man das Kuglerzeug.
Es ist zwar auf die gleiche Art gebaut wie das Gravurzeug, nur ist es viel größer und
stabiler. An der im Kuglerbock gelagerten Welle ist auf der linken Seite eine
Stufenscheibe befestigt. Das rechte Ende der Welle trägt den Hohlkonus für das
Anbringen der morsekegelartigen, auswechselbaren Steckspindeln mit den Schleif-
und Polierscheiben.
Der Antrieb der Welle erfolgt mittels Riemen, der die Stufenscheibe am Kuglerzeug
mit einer Gegenstufenscheibe verbindet, die entweder mit dem Motor direkt
gekuppelt ist oder auch wie früher auf einer Transmissionswelle befestigt war.
Je nach Art des verlangten Musterschliffes richtet der Hohlglasfeinschleifer mit einer
Abdrehvorrichtung die Schleifradprofile ab und reguliert für seine Arbeit die
entsprechende Umdrehungsgeschwindigkeit ein.
In der Regel benötigen kleinere Schleifscheiben eine größere Drehzahl und größere
Scheiben eine kleinere.
Je zierlicher die Dekore sind, um so kleiner sind die dazu erforderlichen
Schleifsteine und umso näher kommt der Kugler dem Gebiet des Glasgraveurs.
Während der Graveur bei seiner Arbeit mit den kleineren Schleifrädchen mehr
technische Möglichkeiten zur individuellen Gestaltung der Dekore hat, ist der Kugler
dagegen durch die Vorgabe der Schliffmuster bei seiner Arbeitsweise streng an
Größe, Stärke, Härte, Körnung und vor allem an die Profile der verhältnismäßig
großen Schleifscheiben gebunden.
Auch beim Hohlglasfeinschleifen handelt es sich um leichte bis mittelschwere
Arbeit, die ausschließlich sitzend ausgeübt wird.
Von der Tätigkeit des Hohlglasfeinschleifers (Kuglers) ist die des
Flachglasschleifers zu unterscheiden. Seine Aufgabe ist es, Gefäße oder Scheiben
mit geraden Flächen nachzuschleifen sowie runde Glaskörper und Gefäße je nach
Form, Größe und Umfang mit geraden Ecken nebeneinander, übereinander
eingeschoben und ganz eingeschoben zu dekorieren.
Das Schleifen wird also neben notwendigen Vorarbeiten und Bearbeiten von
Gläsern an Rändern und Säumen, an Böden von Vasen, Schalen, Bechern, Dosen,
Flaschen, Krügen u.a.m. auch als ein selbständiges Veredeln genutzt. Bei genauer
Betrachtung der Veredelungsarbeiten eines Glasschleifers mit den eigenartigen
Schliffmustern eines Kuglers läßt sich der Unterschied leicht feststellen. Ein
Glasschleifer, man nennt ihn auch Ecken- oder kurz Scheibenschleifer, kann ebene,
gerade und gezogene Flächen herstellen, der Kugler dagegen gestaltet individuell
mit Tief- und Musterschliff.
Glasschleifen bedeutet, eine beliebige Glasform oder einen Gegenstand aus Glas
mit den Händen auf eine horizontal rotierende, mit Wasser berieselten
Schleifscheibe aufdrücken. Es ist einleuchtend, daß bei diesem Arbeitsvorgang nur
ebene oder einseitig ebene Schleifflächen entstehen können.
Das Schleifzeug besteht deshalb aus einem aufrecht stehenden Gestell, oben mit
einem offenen Kasten, in dem eine senkrechte Welle die Schleifscheibe trägt. In der
Regel werden drei solcher Schleifzeuge nebeneinander gestellt, um die
notwendigen Arbeitsvorgänge des Vorreißens, Nachschleifens und Polierens
rationell und zeitsparend vornehmen zu können.
Das erste Schleifzeug besitzt deshalb eine schwere, dicke Eisenscheibe auf der
vorgerissen wird. Dafür verwendet man ein Gemisch aus Sand, Schmirgel und
Wasser. Im benachbarten Kasten läuft eine mit Wasser bespülte Scheibe aus Stein,
die zum Feinschleifen dient. Im dritten Schleifkasten rotiert ein starkes Holzrad, mit
dem die feingeschliffenen Flächen hellglänzend poliert werden. Als Poliermittel
verwendet man feingewaschenen Sand oder Bimsmehl vermischt mit Sand.
In den meisten Fällen werden heute nur noch dickwandige Gläser an der
waagerecht laufenden Schleifscheibe abgeschliffen. Dünne oder schwächere
Gläser schleift man heute an senkrecht oder waagerecht laufenden
Bandschleifmaschinen, was einfacher und sauberer ist.
Der Glasschleifer benötigt zwar viel Kraft, aber in mancher Hinsicht mehr
Fingerspitzengefühl und Geschicklichkeit bei seiner Arbeit als der
Hohlglasfeinschleifer, weil er beim Aufsetzen bzw. Aufdrücken des Glaskörpers auf
die sich drehende Glasscheibe, die sich unterhalb der Körpermitte im Schleifkasten
befindet, keine Möglichkeit hat, mit den Augen den Arbeitsvorgang zu verfolgen.
Das Arbeitsgebiet des Flachglaschleifers umfaßt das Schleifen und Veredeln von
Flachglas an allen in der Schleiferei verwendbaren Einrichtungen und
Schleifmaschinen unter Verwendung von natürlichen und künstlichen Schleifmitteln
und Schleifscheiben. Je nach Bearbeitungstechnik werden unterschiedliche
Maschinen und Werkzeuge eingesetzt.
An der Walzenschleifmaschine werden die Kanten der Glasscheiben auf
verschiedene Art geschliffen. Auch Facetten können meist mit besonderer
Vorrichtung geschliffen werden. Kanten und Facetten werden auch an der
Flachschleifmaschine geschliffen.
Das Schleifen und Polieren von Facetten fand insbesondere bei den berühmt
gewordenen Venezianerspiegeln Anwendung. Eine Steigerung dieser Veredlungsart
findet bei Modellfacetten Anwendung, bei denen nicht nur geradlinige, sondern
beliebig geformte Facetten geschliffen werden. Diese Veredlungsart stellt höchste
Anforderungen an das ausgesprochen handwerkliche Können des
Flachglasschleifers.
Die Bandschleifmaschine ermöglicht durch Auswechseln verschiedener
Schleifbänder Grob- und Feinschleifen der Kanten an Scheiben mit Innen- oder mit
Außenbögen. Die auf das Schleifband geklebten Siliciumkarbidkörner sind ein
sprödes, aber hartes Schleifmittel und greifen das Glas gut an, hinterlassen jedoch
stets einen rauhen, matt scheinenden Schliff. Zum Polieren der Kanten können
auch Polierbänder aufgezogen werden.
Mit der Bohrmaschine lassen sich Löcher, z.B. für die Befestigung von Beschlägen
bohren. Die Griffschleifmaschine ist eigens konstruiert, um Griffe in
Glasschiebetüren einzuschleifen. Daneben benötigt der Flachglasschleifer noch
den Zuschneidetisch für das Schneiden von Glastafeln.
Größere Teile, insbesondere Glasscheiben, bzw. schwere Glasartikel, könnten nur
mühevoll und ungenau an dem Schleifrädchen entlanggeführt werden. Für diesen
Sonderfall verwendet der Glasschleifer eine biegsame Welle, an deren Ende das
Schleifrad befestigt ist. Dieses läßt sich dann mühelos über die zu schleifende
Glasoberfläche führen.
Mit den genannten Glasbearbeitungs- und -veredlungstechniken kann der
Flachglasschleifer Flachglasartikel für die verschiedensten Zwecke herstellen:
Glastüren, Glasabschlüsse, Zwischenwände, Lichtbänder, Brüstungen,
Schalteranlagen, Vitrinen, Theken u.a.m.. Montage und Einbau erfolgt nach den
Regeln des Glaserhandwerks.
Beim Glasschleifen handelt es sich um mittelschwere bis schwere Arbeit, die
meistens stehend ausgeübt wird und ausschließlich reproduktiv ist.
Größere Glasflächen, insbesondere von Flachglasartikeln, lassen sich
flächendeckend durch auftragendes Beschichten oder durch abtragendes Ätzen,
Sandstrahlen oder Säuremattieren veredeln.
Die Glasbearbeitung durch Sandstrahlen ist ein maschineller Vorgang. Durch einen
Kompressor werden feine Sandkörner auf die zu bearbeitende Glasoberfläche
geschleudert. Die Glasoberfläche wird angegriffen und dabei aufgerauht. Will man
anstelle einer gleichmäßig aufgerauhten Glasfläche, bestimmte Dekore, z.B.
Weinlaubdekore auf Römer, Firmenzeichen oder Eichmarkierungen anbringen, so
werden die nicht zu mattierenden Stellen des Glases durch Blech- oder
Kunststoffschablonen oder mit einer Lackschicht geschützt.
Anstelle der mechanischen Abtragung der Glasoberfläche kann man auch eine
chemische Abtragung durch Ätzen bzw. Säuremattieren vornehmen. Unter
Glasätzen versteht man eine chemische Zersetzung der Glasoberfläche durch
Ätzflüssigkeiten oder Ätzpasten, wobei die wirksamen Bestandteile aus Flußsäure
und flußsaure Salze in Ätzpräparaten sind. Wegen der großen Giftigkeit und
Aggressivität der Flußsäure und ihrer Dämpfe sind besondere Ätzanlagen
notwendig. Zur Ätzung taucht man das Glas in solche Ätzflüssigkeiten ein oder
bestreicht die Oberfläche mit entsprechenden Pasten; für große Flächen benutzt
man Ätzflüssigkeiten, für kleinere Partien Ätzpasten.
Will man bestimmte Stellen des Glases vertieft oder erhaben ätzen, so sind die
nicht zu ätzenden Stellen des Glases mit einer Schutzschicht aus Wachs oder
Decklack (Asphaltlack) abzudecken. Dadurch kann man Dekore verschiedener Art
erzielen, linear, flächig usw. Nachdem das Dekor eingeätzt ist, wird die
Schutzschicht wieder vom Glas entfernt. Je nach Zusammensetzung des
Ätzmediums lassen sich auch unterschiedliche Ätzoberflächen auf Glas erzielen:
Konzentrierte Flußsäure oder nur wenig verdünnte Flußsäure ätzt das Glas schnell
vertieft, aber eisartig rauh. Je stärker nun mit Wasser verdünnt wird, desto heller
bzw. klarer wird das Glas tief geätzt. Ebenso ätzen Lösungen von sauren
Flußsalzen, sogenannte Mattsalze, das Glas matt. Durch Zugabe eines bestimmten
Anteils von konzentrierter Schwefelsäure zu Flußsäure kann feinmattiertes Glas
durch die sogenannte Säurepolitur blank poliert werden (Säurepolitur).
1.2.2 Ausübungs- und Aufstiegsformen
Die Ausübungsformen des Glasveredlers sind zunächst durch die Spezialisierung
der Berufstätigkeit in einer der drei Fachrichtungen gegeben (vgl. Abschnitt 1.2.1).
Je nach Veredlungsverfahren bzw. Branche und Betriebsgröße werden die
Facharbeiter/Gesellen an den jeweiligen Arbeitsplätzen eingesetzt. Die
umfangreiche und vielseitige Berufsausbildung ermöglicht eine eigenverantwortliche
Ausübung des Berufes.
Grundsätzlich können alle Tätigkeiten des Glasveredlers mit den Spezialisierungen
in den Fachrichtungen Schliff, Gravur oder Flächenveredlung sowohl in Industrie als
auch in Handwerksbetrieben ausgeübt werden. Durch die bisherige Struktur und
Spezialisierung der Glasveredlungsbetriebe ergeben sich jedoch gewisse
Schwerpunkte bei der Ausübung dieses Berufes: Der Schwerpunkt der
Berufsausübung des Glasveredlers, Fachrichtung Schliff, wird beim (hohl-
)glasveredelnden Handwerk in Bayern, vorzugsweise im Bereich Niederbayern-
Oberpfalz, liegen.
Demgegenüber wird die Berufsausübung des Glasveredlers,
Fachrichtung Flächenveredlung, weitgehend in spezialisierten Glasereien des
Glaserhandwerks ausgeübt werden, für die sich keine regionale Konzentration
abzeichnet.
Nach bestandener Abschluß-/Gesellenprüfung als Glasveredler und mehrjähriger
praktischer Tätigkeit in einschlägigen Betrieben in Industrie oder Handwerk kann
die Meisterprüfung im Glasschleifer- und Glasätzer-Handwerk (nach der
angestrebten Änderung der Vorschriften im Glasveredler-Handwerk) abgelegt
werden. Die Meisterprüfung im Handwerk befähigt zur selbständigen Führung eines
Handwerksbetriebes und zur ordnungsgemäßen Anleitung von Lehrlingen. Das
theoretische Wissen für die Meisterprüfung wird im allgemeinen durch den Besuch
einer mehrsemestrigen Meisterschule oder durch Teilnahme an entsprechenden
Vorbereitungskursen erworben. Zwischen dem Glaser- und dem Glasschleifer- und
Glasätzer-Handwerk besteht eine Verwandtschaftserklärung, die es ermöglicht, daß
auch die Tätigkeit (nicht aber Ausbildung) in dem jeweiligen anderen Handwerk
ausgeübt werden kann.
In den jeweiligen Industriebetrieben kann der Glasveredler nach mehrjähriger Arbeit
bzw. Teilnahme an Weiterbildungskursen als Vorarbeiter oder Industriemeister
Führungsfunktionen wahrnehmen.
2 Ausbildung und Weiterbildung
2.1 Ausbildungsvoraussetzungen
2.1.1 Bildungsvoraussetzungen
Für die anerkannten Ausbildungsberufe, zu denen der Glasveredler gehört, ist
gesetzlich keine bestimmte Schulbildung als Zugangsvoraussetzung
vorgeschrieben. Die konkrete betriebliche Einstellungspraxis und die
Einstellungsbedingungen sind unterschiedlich. Deshalb ist es zweckmäßig, sich
rechtzeitig bei den in Frage kommenden Ausbildungsbetrieben zu informieren.
Künftige Glasveredler sollten körperlich gesund und gewandt sein sowie über
Formgefühl, räumliches Augenmaß und handwerkliche Geschicklichkeit verfügen.
Künstlerische Neigung ist Voraussetzung, sich vom rein handwerklich arbeitenden
Glasveredler zum Kunsthandwerker zu entwickeln, der eigene Ideen in Form und
Dekor umzusetzen in der Lage ist.
2.2 Ausbildung
2.2.1 Dauer
Glasveredler werden entweder in dafür geeigneten Betrieben der Glasindustrie bzw.
des Glashandwerks oder in speziellen Berufsfachschulen ausgebildet. Die reguläre
Ausbildungsdauer beträgt in allen Fällen 3 Jahre.
Vor Beginn der Berufsausbildung muß ein schriftlicher Ausbildungsvertrag zwischen
dem Ausbildenden (Ausbildungsbetrieb und dem Auszubildenden (bzw. dessen
gesetzlichen Vertreter) abgeschlossen werden, in dem die Rechte und Pflichten
beider Vertragspartner nach dem Berufsbildungsgesetz ausführlich vermerkt sind.
Dieser Ausbildungsvertrag wird von der dafür zuständigen Stelle (für das Handwerk
die regional zuständige Handwerkskammer, für die Industrie die regional zuständige
Industrie- und Handelskammer) in das Verzeichnis für Ausbildungsverhältnisse
eingetragen.
Die Berufsausbildung beginnt mit einer Probezeit von mindestens einem Monat und
höchstens 3 Monaten.
Der Auszubildende hat ein Berichtsheft in Form eines Ausbildungsnachweises zu
führen. Die Vorlage des Berichtsheftes ist Voraussetzung für die Zulassung zur
Abschlußprüfung (Industrie) bzw. Gesellenprüfung (Handwerk).
2. 2. 2 Inhalt
Rechtliche Grundlage für die Ausbildung ist die Verordnung über die
Berufsausbildung zum Glasveredler/zur Glasveredlerin und zum Glasschleifer und
Glasätzer/zur Glasschleiferin und Glasätzerin vom 13. Dezember 1989
veröffentlicht im Bundesgesetzblatt Nr. 59 Teil 1, vom 22. Dezember 1989, S. 2238 -
2245.
Diese Verordnung und der darauf abgestimmte Rahmenlehrplan vom 20. April 1990
wurde in einer Bekanntmachung im Bundesanzeiger, Jahrgang 42, Nummer 87a,
am 10. Mai 1990 veröffentlicht.
Gegenstand der für alle Fachrichtungen gemeinsamen Berufsausbildung in den
ersten 2 Ausbildungsjahren sind mindestens die folgenden Fertigkeiten und
Kenntnisse:
Berufsbildung
Aufbau und Organisation des Ausbildungsbetriebes
Arbeits- und Tarifrecht, Arbeitsschutz
Arbeitssicherheit, Umweltschutz und rationelle Energieverwendung
Handhaben und Warten der Werkzeuge, Geräte, Maschinen und Einrichtungen
Glasarten und Glaserzeugnisse
Anfertigen und Lesen von Fertigungsunterlagen
Vorbereiten des Glases
Techniken der Glasveredlung
Materialfluß
Qualitätssicherung.
Gegenstand der Berufsausbildung in einer der Fachrichtungen im 3.
Ausbildungsjahr sind mindestens die folgenden Fertigkeiten und Kenntnisse:
1. In der Fachrichtung Schliff:
Grob- und Feinschleifen sowie Handpolieren,
Dekorgestalten durch verschiedene Schliffarten,
Formveränderungs- und Ausbrucharbeiten,
Säurepolieren, Ätzen, Strahlen und Verbinden.
2. In der Fachrichtung Gravur:
Schneiden, Gravieren und Rutschen,
Tiefgravieren,
Ausführen von Hochschnittarbeiten,
Handpolieren, Ätzen und Strahlen;
3. In der Fachrichtung Flächenveredlung:
Strahlmattieren,
Säuremattieren,
Beschichten,
Montieren.
2.2.3 Nachweise und Prüfungen
Die Zwischen- und Abschlußprüfung zum Glasveredler wird nach einer dualen
Ausbildung vor dem Prüfungsausschuß der Industrie- und Handelskammer bzw. die
Zwischen- und Gesellenprüfung zum Glasschleifer und Glasätzer wird vor dem
Prüfungsausschuß der Handwerkskammer abgelegt. Die Abschlußprüfung nach der
Ausbildung an den genannten Berufsfachschulen wird dort durchgeführt. Die so
erlangten Prüfungszeugnisse sind den Zeugnissen über das Bestehen der
Abschlußprüfung im Handwerk gleichgestellt.
Zur Ermittlung des Ausbildungsstandes ist vor dem Ende des 2. Ausbildungsjahres
eine Zwischenprüfung abzulegen, um bei festgestellten Defiziten im weiteren
Verlauf der Ausbildung korrigierend eingreifen zu können. Die Zwischenprüfung
erstreckt sich auf die Ausbildungsinhalte der ersten 1 1/2 Jahre sowie auf die im
Berufsschulunterricht entsprechend dem Rahmenlehrplan zu vermittelnden
Fertigkeiten und Kenntnisse, soweit sie für die Berufsausbildung wesentlich sind. Im
Rahmen der Zwischenprüfung sind zum Nachweis der Fertigkeiten in höchstens 7
Stunden 3 Arbeitsproben durchzuführen.
Die Kenntnisprüfung dauert höchstens 3 Stunden und wird schriftlich durchgeführt.
Di Teilnahme an der Zwischenprüf'ung ist Voraussetzung für die Zulassung zur
Abschlußprüfung/Gesellenprüfung .
Die Abschlußprüfung/Gesellenprüfung wird in der Regel gegen Ende des 3.
Ausbildungsjahres abgelegt. Sie erstreckt sich auf alle in den Ausbildungsjahren
erworbenen Fertigkeiten und Kenntnisse sowie auf den im Berufsschulunterricht
vermittelten Lehrstoff, soweit er für die Berufsausbildung wesentlich ist.
In der Fertigkeitsprüfung sind insgesamt höchstens 8 Stunden 3 Arbeitsproben
durchzuführen und in höchstens 32 Stunden 1 Prüfungsstück anzufertigen. Dabei
sind 2 Arbeitsproben und das Prüfungsstück fachrichtungs-spezifisch.
Die Kenntnisprüfung erfolgt in schriftlicher Form und umfaßt die Prüfungsfächer
Technologie, Technische Mathematik, Techniches Zeichnen sowie Wirtschafts- und
Sozialkunde.
2.2.4 Ausbildungseinrichtungen
Die Ausbildung der Auszubildenden/Lehrlinge erfolgt entweder nach dem dualen
System in Ausbildungsbetrieben der Industrie bzw. des Handwerks mit
ergänzendem Berufsschuluntericht oder als Schüler in speziellen
Berufsfachschulen in Rheinbach, Hadamar oder Zwiesel.
Wegen der relativ geringen Ausbildungsverhältnisse wird der Berufsschulbesuch
vorwiegend an Berufsschulzentren in Rheinbach, Hadamar, Zwiesel oder Wertheim
in mehrwöchigen Blöcken mit Internatsunterbringung konzentriert, um eine optimale
Unterrichtung in Fachklassen zu gewährleisten. Der Auszubildende/ Lehrling ist
zum Besuch der Berufsschule gesetzlich verpflichtet. Der Berufsschulunterricht
umfaßt allgemeine und berufsspezifische Fächer, die zusammen zur beruflichen
Bildung gehören.
Falls einzelne Ausbildungsinhalte infolge eines speziellen Produktionsprogrammes
nicht vollständig in dem Ausbildungsbetrieb vermittelt werden können, so sind diese
in überbetrieblichen Einrichtungen oder durch Ausbildungsverbund in anderen
Ausbildungsbetrieben zu vermitteln. Nähere Hinweise hierzu können der
Ausbildungsbetrieb, die zuständige Industrie- und
Handelskammer/Handwerkskammer oder die jeweiligen Berufsverbände erteilen.
2.2.5 Vergütung durch den Ausbildungsbetrieb
Die Ausbildung wird meistens, soweit vorhanden, durch die zwischen den
Tarifparteien jeweils festgelegten Ausbildungssätze vergütet. Auskünfte über die
jeweils gültigen tariflichen Ausbildungsvergütungen können vom
Arbeitgeberverband der Deutschen Glasindustrie e.V.
Josephspitalstr. 15 8000 München 2
Landesinnungsverband des Glasveredelnden Handwerks in Bayern
Landesgeschäftsstelle Zwiesel/Bayerischer Wald Fachschulstr. 4-6 8372
Zwiesel/Bayern
Bundesinnunusverband des Glaserhandwerks
An der Glasfachschule 6 6253 Hadamar 1
Industriegewerkschaft Chemie Papier Keramik Hauptverwaltung Abt.
Berufsbildung
Königsworther Platz 6 3000 Hannover 1
eingeholt werden.
2.3. Weiterbildung
Nach abgeschlossener Berufsausbildung und entsprechender Berufspraxis kann
sich der Glasveredler durch Teilnahme an berufsbegleitenden oder vollzeitlichen
Lehrgängen auf die Prüfung zum "Meister im glasveredelnden Handwerk" oder auf
die Prüfung zum "Industriemeister, Fachrichtung Glas", vorbereiten.
Die betriebswirtschaftlichen und berufspädagogischen Kenntnisse zur Vorbereitung
auf Teil III und IV der Meisterprüfungsordnung werden von den Industrie- und
Handelskammern und Handwerkskammern vermittelt.
Einige Handwerkskammern bzw. Industrie- und Handelskammern sowie die
Fachschulen in Rheinbach, Hadamar und Zwiesel sowie Handwerks- und
Industrieverbände bieten mehrwöchige Vorbereitungskurse an, die mit Voll- oder
Teilzeitunterricht auch die praktischen und theoretischen Fachkenntnisse (für Teil I
und II der Meisterprüfungsordnung) vermitteln.
An den Berufsfachschulen Rheinbach, Hadamar und Zwiesel besteht die
Möglichkeit, nach einer mindestens 2jährigen Berufstätigkeit sich in einem jeweils
4semestrigem Studium fortzubilden zum:
Glasveredlungstechniker
Glasgestalter
Eine gleichzeitige Ablegung der Meisterprüfung bzw. gegenseitige Anerkennung von
Inhalten für die Meister- und Technikerprüfung ist möglich.
Darüber hinaus veranstaltet der Verband für Arbeitsstudien (REFA) an vielen Orten
Lehrgänge unterschiedlicher Dauer und für unterschiedliche Qualifikationen. Auf der
Basis dieser Lehrgänge eröffnet sich dem Glasveredler als Sachbearbeiter in der
Arbeitsvorbereitung ein wichtiges Tätigkeitsfeld.
Weitere Fortbildungsmöglichkeiten werden durch betriebliche oder verbandsinterne
Seminare, z.B. durch die Bundesfachschule des Glaserhandwerks in Hadamar
angeboten.
Nach Erwerb der Fachhochschulreife oder der allgemeinen Hochschulreife kann
nach einem 6-8semestrigem Studium an einer Fachhochschule die Qualifikation
zum Dipl.-Ing. (FH) oder nach einem mindestens 9semestrigem Studium die
Qualifikation zum Diplomingenieur erworben werden.
3 Entwicklung und Situation
3.1 Berufslage
3.1.1 Entwicklung des Berufes
Die sich entwicklungsmäßig bildenden Veredlungsbetriebe standen bis etwa zum
30jährigen Krieg dienstgebunden an die Glashütten. Durch die Veredlungsgewerbe
wurden immer weitere Kreise der seßhaften Bevölkerung in den Bereich der
Glasindustrie gezogen und ihnen neue lohnende Beschäftigung erschlossen.
Mit der Entwicklung der veredelnden Glasgewerberichtungen in Nordböhmen treten
nach dem 30jährigen Krieg starke Bestrebungen zu schützenden
Zusammenschlüssen auf. Der absterbende Zunftgedanke war damals noch
lebendig genug und hatte für die Glasarbeiter noch die Werbekraft, so daß sie
durch eine Zunft ihre Interessen geschützt glaubten. So gehen auch
Zunftordnungen von Glasmalern und Glasschneidern schon auf die Anfänge um
1660 in diesem Raum zurück. In dieser Zeit entstanden im Interesse einer straffen
Vereinigung Zünfte, Innungen und Bruderschaften, die für eine gezielte Ausbildung
sorgten.
Eine andere Wurzel der Glasveredlung bezeugt die Malersatzung und Ordnung von
1458, in der der Glaser mit den Malern eingezunftet war.
Die heutigen Glasveredlungstechniken lassen sich nun im einzelnen
zurückverfolgen: Die Glasgravur ist aus dem früheren Glasschnitt hervorgegangen.
Im 16. Jahrhundert wurde das Schneideverfahren von Edelsteinen und Bergkristall
auf das Glas übertragen. Die Anfänge und Weiterentdeckung des Glasschnittes
fallen in die letzten Jahre des 16. Jahrhunderts. Sie gehören zu den schönsten und
edelsten Sparten des Kunsthandwerks. In keinem anderen Land als in Böhmen
wurde das Gravieren (und Kugeln) des Glases so gepflegt. Georg Schwanhardt, ein
Schüler des Edelsteinschneiders Caspar Lehmann, brachte die neue Kunst nach
Nürnberg.
Der Glasschneider (Glasgraveur) arbeitet mit verschiedenen kleinen und feinen
Rädchen aus Kupfer, die auf eine rotierende Spindel aufgemietet sind
(Kupfergravur). Seit dem 20. Jahrhundert arbeitet der Glasgraveur auch mit
Rädchen aus Korund und Kunststein.(Steingravur).
Das erste Glasschneidegerät, das Gravurzeug, war ein auf dem Arbeitstisch
befestigter Spindelbock mit einer waagerechten Welle und einer Riemenscheibe,
die mit einem großen Schwungrad unter der Tischplatte durch einen Riemen
verbunden war. Ein auf dem Boden befestigtes Trittbrett wurde mit dem Fuß
angetrieben, und über Stange und Kurbel kam das Schwungrad zum Drehen. So
erklärt sich auch die mundartliche Bezeichnung "Trämpelzeug".
Der Übergang von der Tretvorrichtung zum Antrieb durch Wasserkraft oder
Elektrizität fällt in den Anfang des 20. Jahrhunderts. Es blieb aber beim äußeren
technischen Charakter, das Prinzip änderte sich nicht. Gemeinsam mit dem
Übergang zu Kunststein und Elektrokorund wurde die Arbeitsweise unter
Anwendung anderer Techniken beschleunigt.
Bei den Schlifftechniken unterscheidet man zwischen dem Glasschleifer, der ebene,
gerade und gezogene Flächen herstellt und dem Kugler, der individuell mit Tief- und
Musterschliffen gestaltet.
Schon in den ersten Jahrhunderten nach der Zeitwende befaßte man sich auch,
wenn auch in primitiver Art und unter Verwendung von Natursteinen, mit dem
Glasschleifen, einer Technik, die neben dem Kugeln und Gravieren fast unverändert
bis auf den heutigen Tag erhalten blieb. Dem Glasschleifer werden bei der
Ausübung seines Berufes auch viele Arten von Arbeiten geringeren
Schwierigkeitsgrades abverlangt, die in den Glasfabriken von angelernten Arbeitern
verrichtet werden.
ls Werkzeug benutzt der Glasschleifer, oft auch Eckenschleifer genannt, das
Schleifzeug. Es besteht aus einer in einem Kasten waagerecht rotierenden Scheibe
aus Eisen und Stein zum Grob- und Feinschleifen sowie aus Holz zum Polieren,
Die Vorrichtung, die der Kugler benutzt, nennt man das Kuglerzeug. Das
Kuglerzeug ist auf die gleiche Art gebaut wie das Gravurzeug, nur viel größer und
stabiler. Der Kugler ist durch seine Arbeitsweise und die Gestaltung seiner
Schliffmuster streng an Größe, Härte, Körnung und vor allem an die Profile der
verhältnismäßig großen Schleifscheiben gebunden.
Zu Beginn des 20. Jahrhunderts brachte man nach englischem Vorbild
austauschend gegen den Kalk das Bleioxid ins Glas, das nun einen besseren,
helleren Glanz bekam und etwas weicher wurde. Das erleichterte die
Arbeitsvorgänge, was sich in der reicheren Veredelung des Glases und zum Vorteil
für den Kugler auswirkte.
Als in den Zwanzigerjahren des 20. Jahrhunderts erstmalig das Polieren von
gekugeltem und geschaffenem Bleikristall mittels Flußsäure praktiziert wurde,
konnte dadurch eine Rationalisierung der Arbeitsweise und gleichzeitig eine
sichtbar bessere Glanzstufe erreicht werden. Diese Veränderungen verursachten
einen Preissturz im Handel von Bleikristall.
Die Umstellung des Antriebs von Wasserkraft auf elektrischen Antrieb ermöglichte
ebenfalls eine Effektivitätssteigerung und Verbesserung der Arbeitsweise. Ebenso
wirkte sich die Einführung von Diamantscheiben neben Korundscheiben aus. Die
effektvolleren Bleikristallwaren waren mehr denn je gefragt und konnten
preisgünstiger abgesetzt werden. Die Kantenbearbeitung von Flachglasartikeln
wurde jahrhundertelang mit Steinwalzen vorgenommen. Mit der Einführung von
Kanten-, Facetten- und Modellschleifmaschinen wurde die ursprüngliche Tätigkeit
weitgehend abgelöst. Allerdings hat die handwerkliche Glaskantenbearbeitung sich
dort gehalten, wo wenige Stücke sehr reichhaltig und anspruchsvoll mit den
unterschiedlichsten Steil- und Flachfacetten zu verzieren sind.
Die Automatisierung durch die Einführung von Steuerungstechniken in die Industrie
hielt auch in die Glasindustrie Einzug. So ist es heute möglich, daß nach der
Eingabe von Schliffmustern programmgesteuerte Schleifautomaten diese
Maschinenschliffe vollautomatisch ausführen. Der Hohlglasfeinschleifer wird dabei
lediglich für die Arbeitsvorbereitung des Entwerfens von Musterschliffen eingesetzt.
3.1.2 Berufsaussichten
Die Berufsaussichten der Glasveredler hängen von der zukünftigen Nachfrage nach
hochwertigen Hohl- und Flachglasartikeln des gehobenen Konsumbedarfs ab,
deren kunsthandwerkliche Prägung und industrielle Gestaltung direkt sichtbar,
teilweise auch durch Prädikate wie "handgeschliffen" sich von Maschinenveredlung
oder gar billigen Veredlungsimitaten (gepreßte Schliffmuster, aufgeklebte
Ätzmuster) deutlich abheben.
Allerdings sind die Berufsaussichten in den jeweiligen Veredlungstechniken
unterschiedlich: Die reinen Glasbearbeitungstechniken als Nachbearbeitungs- bzw.
Ergänzungsarbeiten werden nahezu vollständig von Maschinen ausgeführt.
Beispielhaft ist hier die Säurepolitur zu nennen, die die Handpolitur fast vollständig
verdrängt hat.
Musterschliffe werden z.Z. manuell als auch mit Schleifautomaten ausgeführt.
Hoch- und Tiefschliffe werden z.Z. noch vollständig manuell durchgeführt.
Insbesondere die Gravurarbeiten werden ausschließlich manuell ausgeführt und
brauchen auch in Zukunft keine Verdrängung durch Maschinenarbeit zu befürchten.
Durch die Zusammenlegung der bisherigen Industrieberufe "Hohlglasfeinschleifer"
und "Glasgraveur" mit dem Handwerksberuf "Glasschleifer und Glasätzer" wurde
die Basis für eine spezialisierte Berufsausübung erhöht. Die Einengung oder
Verdrängung einzelner Veredlungsarten durch technische Entwicklungen kann
durch eine stärkere Einbeziehung gestalterischer Elemente auch in die
Erstausbildung ähnlich wie beim Glasgravieren kompensiert werden.
Bücher:
Griedl, Georg; Knittel, Hans-Werner:
Glas und Kristall
Fachverband Deutscher Eisenwaren- und Hausratshändler e.V. Düsseldorf 1978
Friedl, Hans:
Warum? Wieso? Weshalb? 100 Fragen über Glas (Wirtschaftsglas)
Selbstverlag Hans Friedl, Marktredwitz 1978
30 Jahre Glasveredelndes Handwerk in Bayern
Landesinnungsverband des Glasveredelnden Handwerks in Bayern
Landesgeschäftsstelle Zwiesel/Bayerischer Wald Fachschulstr. 4-6
Rimpler, Emil; Holl, Friedrich:
Glasveredelndes Handwerk im Spannungsfeld der Geschichte und Gegenwart
Landesinnungsverband des Glasveredelnden Handwerks in Bayern
Landesgeschäftsstelle Zwiesel/Bayerischer Wald Fachschulstr. 4-6
Hannes, Alfons:
Glas aus dem Bayerischen Wald
Verlag Morsak, Grafenau 1975
Maloney, Terence:
Das Buch zur Sache, Glas
Deutsche Verlags-Anstalt, Stuttgart 1970
Ebert, Josef:
Die Arbeit des Glasschleifers und -ätzers
Sonderdruck der Glaswelt,
Gentner Verlag, 7000 Stuttgart 1, Forststr. 131.
Berufs- und Ausbildungsinformationsschriften von:
Arbeitgeberverband der Deutschen Glasindustrie e.V.
Josephspitalstr. 15, 8000 München 2 Tel. (089) 55 43 45
Bundesinnungsverband des Glaserhandwerks
An der Glasfachschule 6 6253 Hadamar Tel. 06433/2028 + 2029
Staatliche Glasfachschule Rheinbach
In den Fichten 19 5308 Rheinbach Tel. 02226/4425
Staatliche Glasfachschule Hadamar
Mainzer Landstr. 43 6253 Hadamar Tel. 06484/6058
Staatliches Berufsbildungszentrum für Glas
Fachschulstr. 15-19 8372 Zwiesel Tel. 09922/2053
In der Ruhe liegt die Kraft
Bernhard Straßner